Brotbacken bedeutet für uns mehr als nur Arbeit; Vielmehr! Eine Abfolge von Arbeitsschritten ereignet sich wie von selbst; Immer und immer wieder. Wir gestehen uns dabei ein, dass nicht nur der Nutzen die stetige Wiederholung der Tätigkeit sichert. Noch heute backen wir Brot genauso gern wie früher, hat sich unsere Einstellung dazu nicht verändert, ganz im Gegenteil. Wir erinnern uns gerne an die «Teilete» zurück, als alle unsere Kinder noch zu Hause waren und vom frischen Gebäck nicht genug bekommen konnten. Wir kamen zur Mahlzeit zusammen und die gemeinsamen «Brotstunden» stärkten unseren Alltag und schenkten Kraft. Es brauchte nicht viel, denn schon die Heimkehr nach getaner Arbeit erfüllte die Ankömmlinge, wenn der Geruch nach frischem Brot durch die Wohnräume zog, mit Freude.
Beim Brotbacken erfüllt sich in uns etwas von einer Ursehnsucht. Aus Korn, Salz, Triebmittel und Wasser wird Nahrung für viele. Menschen kommen zusammen, teilen und essen tagtäglich davon.
Uns faszinieren Lebensmittel, die als Mittel zum Leben, zum Grundnahrungsmittel für ganze Nationen avancieren. Wir leben nicht vom Brot allein. Die Brotzeit hat uns mit den damit in Verbindung stehenden Erfahrungen eine wunderbare Zugabe im täglichen Vielerlei geschenkt. Unsere Werte erfüllen sich auf einfache Weise.
Im Volksglauben vieler Kulturen hat das Brot eine hohe symbolische Bedeutung. Es gilt zumeist als ein Symbol für das Leben und die Lebenskraft. Die Griechen verehrten Demeter, die Göttin des Getreides und der Fruchtbarkeit. Bei den Römern hiess diese Göttin Ceres. Aus dem Namen leitet sich das Wort Cerealien ab. Bei den Germanen war Freyr der Gott der Saat, Ernte und Fruchtbarkeit sowie des Friedens.
Vor ca. 10 000 Jahren hat der Mensch mit dem systematischen Anbau von Getreide begonnen und dieses mit Wasser zu einem Brei vermengt und als Nahrungsquelle genutzt. Erst viel später wurde der Brei auf heissen Steinen oder in der Asche als Fladenbrot gebacken. Dabei haben zwei Erfindungen das Brotbacken entscheidend verändert. Der Bau vom Backofen und die Wirkung von Hefe. Dass Brot schmackhafter ist, wenn eine Gärung stattfindet, lernte der Mensch erst im Laufe der Zeit. Und, dass Brotlaibe Hitze rund um den Laib bedürfen, damit sie richtig durchbacken, war lange auch nicht klar. Gesäuertes Brot dürfte nach archäologischen Funden schon vor über 5000 Jahren bekannt gewesen sein, unter anderem in Ägypten. Die Ägypter hatten in der Antike den Beinamen Brotesser. Sie waren es, die begannen Hefe zu kultivieren. Bereits zwischen 2800 und 1500 vor Christus waren im Land am Nil 30 verschiedene Brotsorten bekannt. Von Ägypten aus gelangten die Kenntnisse des Brotbackens über Griechenland und das Römische Reich nach Europa. Die Römer bauten die ersten grossen Mühlen und waren schon in der Lage feines Mehl herzustellen. Nach den römischen Grundtechniken wurde mit kleinen Veränderungen in ganz Europa bis ins 19. Jahrhundert hinein Brot gebacken. In vielen Dörfern gab es Gemeinschaftsöfen, in denen einmal die Woche jeder sein Brot backen konnte.
Wir backen mit viel Hingabe und Leidenschaft. Es ist uns nie zu viel! Wenn das Korn durch den Trichter gleitet und das Mahlwerk der Mühle aktiv wird, umfängt bereits zu diesem Zeitpunkt ein nussiger, sanfter Duft unsere Backstube und um uns ist es wie seit eh und je geschehen. Frisch geschrotetes Korn riecht wunderbar. –
Es ist dieses wohltuende Gefühl, das sich immer wieder von Neuem einstellt und jede Teigherstellung von innerer Freude bestimmt wird. Immer und immer wieder wird der Teig, je nach Korn, geknetet, zur Gährung und Ruhe geführt und geformt. Vor dem grossen Sturm dann, inklusive erneuter kurzer Ruhepause, sind die Teiglinge dann bereit für den finalen Moment, um sich zu entfalten, damit sie geniessbar werden. Im Ofenrohr dann werden sie zu dem, was sie für uns alle sind: Unser tägliches Brot.